energy from the block I
"Don't be fooled by the rocks that I got
I'm still, I'm still Jenny from the block"
(kann man ganz gut hören beim Lesen der folgenden Zeilen)
So, ich fasse mal kurz zusammen. Die Blockchain-Technologie ändert alles. Oder wie man es auf nzz.ch lesen kann: Blockchains werden "... wegen der weitestgehenden Elimination institutionell bedingter Kosten bald einmal zu einer bestimmenden Kraft in der weiteren Entwicklung des Internets und ganz generell von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Abläufen werden ...".
Wie soll das gehen? Im Prinzip ganz einfach. Statt irgendwo für teuer Geld in einer Bank oder auf dem Grundbuchamt zu hinterlegen, wem welcher Euro oder wem welcher Quadratmeter gehört oder nicht gehört, schreibt man diese Fakten (auch Wahrheiten genannt) schön der Reihe nach in eine lange Kette und verteilt diese Kette (kann man auch Datenbank nennen) dann auf Millionen von Rechnern auf der Welt. Will man jetzt die Wahrheit über den Kontostand oder das Nachbargrundstück wissen, fragt man einfach diese Millionen von Rechnern, was jetzt in der Kette steht. Die checken das kurz miteinander und spucken die Wahrheit aus. Millionen von Rechnern lügen eben nicht und lassen sich aufgrund ihrer Vielzahl auch sehr schwer manipulieren.
Wenn man das jetzt ein bisschen sacken lässt, erkennt man, dass diese Dinger einem ziemlich an die Eier gehen können. Denn sie haben das Potenzial, die Art und Weise, wie wir heute unsere Eigentumsverhältnisse (er-)klären (und weswegen bis heute nicht wenige Millionen Menschen in Krieg und Not gestorben sind), komplett neu zu definieren. Nämlich ohne irgendwas in der Mitte, ohne den berüchtigten "man-in-the-middle", ohne Intermediäre, ohne Institutionen. Stellt Euch nur mal vor: Geld ohne Banken (bzw. an dieser Stelle: Energie ohne Energieversorger), Unternehmen ohne Manager oder Regierungen ohne Politiker.
So, jetzt mal wieder kurz zurück aus der Matrix und konkret geschaut, was da aktuell so läuft.
Angefangen hat alles mit diesen Bitcoins, also diesem elektronischen Geld. Das war sozusagen das technologische Gesellenstück der Blockchain-Meister. Damit haben sie gezeigt, dass diese Idee prinzipiell funktioniert. Dieses Geld ist heute im Umlauf, man kann damit zahlen und gut. Sicher noch nichts für die Massen, aber hey immerhin es funzt. Und es hat den Banken schon 'mal einen Mordsschrecken eingejagt (capital.de). Sich jetzt aber als Nicht-Banker entspannt zurück zu lehnen ist absolut nicht angebracht. Absolut nicht. Einfach weiterlesen.
Hier zur Auflockerung mal eine ganz okayer Einführungs-Film zu Bitcoins und Blockchains
Dann kam dieser junge Russe und World-of-Warcraft-Spieler (daddeln hilft eben doch bei der Karriere) Vitalik Buttern und hatte sich vorgenommen, die Blockchain aus der sehr spezialisierten, sehr kryptischen Bitcoin-Experten-Welt heraus zu holen. Dazu schrieb er seine Ideen für einen Neuanfang zusammen, sammelte von der Crowd ganz schnell, ordentlich viel Geld ein und fragte ein paar fitte EDV-Leute (inzwischen sind es weltweit um die 1000 Entwickler), ob sie mit ihm nicht diese neue Blockchain-Plattform namens Ethereum entwickeln wollen.
Im Grunde ist Ethereum auch eine Blockchain (bzw. wird auch das gesamte Entwicklungsprojekt so genannt), nur dass das Drumherum, die Entwicklungsumgebung etwas aufgeräumter, zugänglicher, weil dokumentierter und auch leistungsfähiger ist. Der Bitcoin-Blockchain-Werkzeug-Kasten wurde gewissermaßen sauber gemacht, aufgeräumt und noch mit ein paar Spezial-Werkzeugen versehen.
Eines dieser Spezial-Werkzeuge ist der "smart contract". Also ein intelligenter Vertrag, ein Vertrag in Programmform, der/das in so einer Blockchain "lebt".
Beispiel (und es gibt Tausende): ein Maschinenbauer verkauft eine intelligente, smarte Internet-of-Things-Anlage irgendwohin, diese funktioniert aber erst dann, wenn sie zum Beispiel in der Blockchain kurz geschaut hat, ob die Kohle geflossen ist. Und sie funktioniert auch nur so lange, wie der smarte Vertrag läuft. Das wahre Enddatum steht auch in irgendeiner Blockchain, die Anlage fragt da jeden morgen an und wenn Ende ist, dann ist auch wirklich Ende. Oder die AirBnB-Wohnung macht das smarte Schloss nur dann auf, wenn die Zahlung erledigt ist und macht dann wieder zu, wenn der Mietzeitraum abgelaufen ist. Da machen also smarte Dinge im Internet ganz automatisch genau nur das, was wir ihnen in smarten Verträgen gesagt haben. Und da bald fast alles Dinge smart sind, wird das eine sehr mächtige Sache.
Mehr ganz konkrete Details zu Ethereum findet Ihr in diesem Filmchen (auch könnt Ihr Euch mal ein Bild machen von diesem Vitalik).
Ok, oben habe ich geschrieben, dass dieses elektronische Krypto-Geld der erste Anwendungsfall war und die Banken die ersten Opfer (wenn sie nicht höllisch aufpassen).
Die ganze, neue dezentrale Energiewelt ist aber auch perfekt für so einen Dezentralisierungs-Booster wie die Blockchain geeignet und da wird auch schon Einiges ausprobiert. So haben sich weltweit erstmals am 11. April 2016 in New York zwei Nachbarn grünen PV-Strom "peer-to-peer" hin- und hergeschoben (coindesk.com)
Hier eine kleine Präsentation zum Projekt:
Mit genau diesen Leuten arbeitet übrigens auch RWE aktuell zusammen, hier das Video von der letzten Ecosummit mit John Lillic von ConsenSys und Sam Warburton von RWE (etwas dröge, aber mit spannenden Hintergrund-Infos):
Man findet im Netz übrigens auch diese buggy Seite von RWE und ConsenSys: http://co-tricity.info.
Oder hier ein Elektro-Mobilitäts-Beispiel:
Klar gibt es noch ein paar ordentliche Probleme zu knacken. Technische Probleme wie das performante, weltweite, massenhafte Hochskalieren der Blockchain zum Beispiel. Oder aber auch zahlreiche regulatorische Probleme, gerade auch im Energiesektor zum Thema Versorgerstatus und der Frage, wer denn dann eigentlich die Umlagen abführt, wer die Bilanzkreisverantwortung hat? Wäre es nicht auch folgerichtig, die Themen Netznutzung und Versorgung zu separieren (was aktuell einer zentralen europäischen Vorgabe widerspräche)?
Paul Brody, Energy-Blockchain-Experte bei Ernst & Young meint dazu (sehr informativer Podcast übrigens), dass wir trotz dieser Knackpunkte schon in den kommenden 18-36 Monaten Projekte und Unternehmen sehen werden, die deutlich über das "proof-of-concept"-Stadium hinausgehen.
"One of the foundation of blockchain-technologies is it's distributed and autonomous. And if we think about grids, energy consumption in the grid really is distributed, productions consumption are going to be distributed and there is really big penalty we pay for unnecessary transmission and unnecessary storage. So getting devices to interact with each other locally (take getting the ability to use your neighbour solar panels, when they are not at home) is vastly more efficient in the long run than piping in electricity from a grid storage environment somewhere or utility scale grid that´s a hundred miles away. So, these proof of concepts, these early developments are the foundation a very rapid transformation. Todays prototypes and proofs of concepts are going into massive, scaled-up industrial environments. I would say we expect to see those things starting into 18 to 36 months from now."
Was bleibt? Was jetzt also tun? Ich würde sagen, erst noch einmal den folgenden Satz von Onkel Bill lesen ...
We always overestimate the change that will occur in the next two years and underestimate the change that will occur in the next ten. Don't let yourself be lulled into inaction.
Bill Gates
... und dann wirklich mal FAST followen, d. h.
- via Twitter, Facebook an den Leuten und ihren Ideen dranbleiben,
- Konferenzen dazu besuchen (eine findet gleich nächsten Montag in Berlin statt: Blockchain-Tag für die Energiewelt 2016)
- an Webinaren teilnehmen (kommenden Mittwoch hier: Webinar am 31.05.2016: Blockchain für die Energiewelt 2016)
- Bücher lesen (eine Empfehlung kommt gleich),
- Podcasts abonnieren (siehe oben),
- bestehende Modell-Projekte mit dem Blockchain-Gedankengut infizieren,
- intern eigene Workshops machen zu dem Thema, ...
Ja, das Thema ist early, sehr early, aber auch sehr mächtig. Also auf der Hut sein und sich freuen, dass wir in so spannenden Zeiten leben. Auf geht´s!
Blockchain-Buchempfehlung, brand-aktuell und wohl ganz gut.